13. Die Burg auf dem Schlossberg / Schlossberg

zusätzliche Informationen zu Tafel 13:

Benötiget und Bezwungen

Die Einnahme der Bellenberger Burg


Diesmal geht die Zeitreise ins Jahr… ja, das wird jetzt schwierig!

Eigentlich wäre heute ein Ausflug zum Tag der Eroberung und Zerstörung der Bellenberger Burg geplant. 

Aber die Bellenberger Chronik von 1963 nennt für das gesuchte Jahr zwei Daten: 1375 und 1377, im Internet tummeln sich neben diesen beiden Jahren noch 1374 und 1378.

Die Zeitmaschine muss also vorerst eine genaue Überprüfung der Quellen abwarten.

Klären wir also vor dem Wann, das Wer und das Warum. Wer hat warum die Bellenberger Burg Geschichte werden lassen.

„Der Schlossberg – Detail einer Ansichtskarte von 1898“ Foto: Jörg Salzgeber

Die Burg selber war im Besitz des Rittergeschlechts der Ellerbacher, die uns schon auf unserer ersten Zeitreise begegnet sind. Ob diese jedoch auch ihre Bauherren waren ist ungewiss. Gemeinsam mit der Ellerbacher‘schen Burg Brandenburg auf der anderen Uferseite bewachte sie einst das hiesige Illertal.

Im Oktober des Jahres 1376 belagerte Kaiser Karl IV. mit vielerlei Verbündeten die Reichsstadt Ulm. Er versuchte den Widerstand des schwäbischen Städtebundes zu brechen, an dessen Spitze sich die  rebellischen Ulmer gesetzt hatten.

Der Kaiser brauchte Geld für die vorzeitige Königswahl seines Sohnes. Allerdings ein Sohn, den viele für unfähig hielten. Ulm und viele weitere Reichsstädte verweigerten eine finanzielle Unterstützung.

Da Karl IV. und die Seinen die trutzige Stadt nicht bezwingen konnten, zerstörten sie wenigstens das Ulmer Umland. Dabei tat sich Ritter Burkhardt „der Lange“ zu Ellerbach besonders hervor und verwüstete eine Burg nebst drei Dörfern.

Der Gegenschlag der Ulmer folgte prompt. Zusammen mit den anderen Reichsstädten eroberten und plünderten sie ihrerseits die umliegenden Burgen der kaisertreuen Ritter und Grafen.


An dieser Stelle helfen uns die bis heute erhaltenen „Urkunden und Akten der oberdeutschen Städtebünde“ weiter.

Es kam seinerzeit zu einem ausgiebigen Briefwechsel zwischen den verbündeten Reichsstädten. Sucht man hier eine Erwähnung des Ortes Bellenberg, wird man am 2. Juni 1378 fündig. An diesem Tag schreiben die Ulmer den Nördlingern stolz von ihren erfolgreichen Eroberungen des Vortages:


„Dem burgermeister und dem Nördlingen.Unsern willigen Dienst bevor. Lieben aidgenozzen, wir lazzen iuch wizzen, daz unser wartlut an zinstag frů mit den wartluten von Liphain gefohten hant mit hern Brunen und Gussen, dem Vininger und mit anderen iren gesellen und daz den unsern von den gnaden Gotz dar inne gar wol gelungen ist. Die hant in ainen abgefangen und ainen gůten maiden abgebrochen. Dez selben tags haben wir unser volk und geziug gesent fur Brandenberg die vesty  und haben da dem Langen von Elrbach die selben vesty mit geschidikait ab erloffen und dar inne funf gefangen und erber blunder und habe funden; und haben dez selben tags Bellenberg die vesty benötiget und bezwungen und haben die och eingenommen.“


Hier taucht Bellenbergs „vesty“, also Burg, das erste Mal auf – einen Tag nach ihrer Zerstörung. Eine weitere Beschreibung der Ulmer Kriegszüge findet sich in der Augsburger Chronik.


„Und darnach zugen die von Ulm und etlich Reichstett mit in und gewunen etlich vest, nemlich Ballenperg, Maugartzhain, Ravenstain, Münsingen, ain klein stettlin, und die pranten die auß und Stötzingen zersprachen sie auch und namen 200 haupt vichs.“


Man verzeiht den Augsburgern aufgrund der Distanz die Ver“ball“hornung unseres Ortsnamens. 

Endlich ist unsere Zeitreise durch zwei zuverlässige Quellen möglich geworden. Dank dem Ulmer Bericht, lässt sich sogar der genaue Tag und eine vage Tageszeit bestimmen.

Rekonstruieren wir also so gut es geht, was einst am 1. Juni 1378 in Bellenberg geschehen ist - ein „Zinstag“, also Dienstag (der Google-Wochentagsrechner bestätigt das). Am Dienstag in der Früh fechten die kampfeslustigen Ulmer mit den „wartluten von Liphain“, also den Wehrleuten von Leipheim. Diese Stadt ist zu jener Zeit noch im Besitz des Grafen von Württemberg.

Nach erfolgreicher Schlacht, schicken die Ulmer ihre „Wartlut“ nach Brandenburg. Nicht gerade der nächste Weg. Man kann nur hoffen, dass die Schlacht mit den Leipheimern nicht direkt bei Leipheim stattgefunden hat, sonst hätten die Ulmer eine Strecke von über 30 km zurücklegen müssen, um nach Brandenburg zu gelangen. Die Ulmer berichten an anderer Stelle über ihre Kampfhandlungen, sie sind „ze rozz und ze fůzz gezogen“. 

Die Brandenburg war wohl von ähnlicher Beschaffenheit wie die Bellenberger Burg. Sie besaß ebenfalls einen tiefen und breiten Halsgraben und lag erhaben über dem Illertal. Die Ulmer erobern diese mit „Geschidikait“ also Geschicklichkeit, was auf einen kurzen Kampf mit wenigen Verlusten hinweist. Darinnen ist „blunder und habe“ - also schlichtes Interieur für den täglichen Gebrauch (nicht abwertend gemeint wie: Plunder), aber auch Wertvolleres, wie Münzen oder Waffen. Und nicht uninteressant: Es werden fünf Verteidiger gefangen genommen.

Man kann unbedingt davon ausgehen, dass die Gefangenen den Ulmern mehr oder weniger freiwillig Auskunft über die Verteidigungsstärke der Bellenberger Burg gegeben haben. Der Lehensherr war schließlich der gleiche. Die Ulmer beschließen also, am selben Tag auch noch die Bellenberger Burg zu erobern.

Bestimmt ist es schon Abend und wir erinnern uns an die bisherige Tagesleistung der Ulmer „Wartlut“. 

Die Bellenberger „vesty“ wird denn auch „benötiget und bezwungen und eingenommen.“

Und letztlich auch niedergebrannt! Dies erfahren wir aus einem späteren Grabungsbericht eines Pappenheimer Amtsmannes.

Im Jahr 1737 wird dieser auf dem Schlossberg, drei Meter tief in der Erde, mehrere Wagenladungen voll Roggen, Dinkel, Weizen und Hafer finden. Alles verbrannt. Er stellt auch fest, dass die Burg über eine mehr als 2 Meter dicke steinerne Mauer verfügte und er gelangt, trotz mehrtägiger Grabungen nicht auf den Grund dieser Mauern.

Der Burgstall in Bellenberg Foto: Rathausarchiv

Ein weiterer, interessanter Hinweis findet sich in der „Wirtembergischen Geschichte“ von Christoph Friedrich von Stälin, aus dem Jahre 1856: Bei diesen Kampfhandlungen sei zum ersten Mal in unserer Gegend das Schießpulver zum Einsatz gekommen.


Zur zeitlichen Einordnung: Die früheste Erwähnung von Schießpulver in Europa stammt von einem englischen Manuskript aus dem Jahr 1326. Es wird vermutet, dass 1374 bei der Belagerung von Saint-Sauveur-le-Vicomte das erste Mal eine Stadtmauer unter Kanonenbeschuss zerbrochen ist.

Vier Jahre danach also in Bellenberg? 


Verlassen wir diesen Anfang vom Ende der Ritterzeit und kehren wir lieber in unsere Gegenwart zurück. Heute ist der Schlossberg ein gemütlicher und schattiger Ort, wo man es auch an heißen Tagen gut aushalten kann. Viel gibt es dort oben zu entdecken: eine Kapelle, ein Kruzifix, einen Kreuzweg, aber keine Überreste unserer Burg (vielleicht, weil sie nicht mit „K“ beginnt).


Ab Mai aber wird man auf einer Tafel sein Wissen über die Burg vertiefen können. Unter anderem kann man nachlesen, warum die Burg nie wieder aufgebaut wurde und was es in heutiger Zeit doch noch – für das geschulte Auge – aus der Epoche der Burgen und Ritter zu entdecken gibt. 

„Der Beschuß der Pappenheimer Burg“ Foto: Pappenheimer Archiv  

Tafel 13:

Die Burg auf dem Schlossberg