11. Bellenberg und die Bahn -/ Bahnhofstraße

zusätzliche Informationen zu Tafel 11:

Zu "Unglücksfälle"

14.03.1970: Vier Waggons, die sich beim Rangieren am Bahnhof Kellmünz verselbständigt haben und in Richtung Altenstadt davon rollen, kollidieren gegen 20:30 Uhr mit einem Güterzug. Die beiden Lokomotiven des Güterzugs entgleisen und geraten in Brand. Es droht eine Katastrophe, denn die beschädigten und entgleisten Waggons sind zum Teil mit Flugbenzin beladen, von dem rund 4.400 Liter auslaufen. Nur die günstige Windrichtung verhindert ein Übergreifen der Flammen und damit eine gewaltige Explosion. Die beiden Lokführer des Güterzugs können verletzt gerettet werden. Der Gleiskörper ist an der Unfallstelle völlig zerstört, es wird mit einem Sachschaden von mindestens 1 Million DM gerechnet.


18.05.1971: Bei Kellmünz entgleisen die letzten beiden Waggons des Schnellzuges Oberstdorf – Dortmund und stürzen den Bahnkörper hinab. Der hintere Waggon prallt auf einen Betonklotz in der Nähe des Bahndamms und wird in seiner gesamten Länge aufgerissen. Fünf Menschen in diesem Waggon kommen ums Leben. Insgesamt 27 Verletzte werden auf die Krankenhäuser Illertissen, Memmingen und Babenhausen verteilt.


17.07.2013: An einem unbeschrankten Bahnübergang in Kellmünz prallt gegen 7 Uhr morgens der Regionalzug nach Memmingen mit einem Auto zusammen und schleift es ca. 100 Meter weit mit. Durch die Wucht des Aufpralls springt der vordere Triebwagen aus den Gleisen, dreht sich um 180 Grad und stürzt in einen Vorgarten. Die lebensgefährlich verletzte Autofahrerin wird im Wrack ihres Fahrzeugs eingeklemmt und muss von der Feuerwehr befreit werden. Auch zwölf Fahrgäste des Zuges werden verletzt, zwei davon schwer – einer der beiden wurde aus dem Zug hinaus geschleudert. Letztlich kommen alle mit dem Leben davon. Der Gleiskörper ist an der Unfallstelle völlig zerstört. Die Fahrerin des Pkw hatte, vermutlich geblendet durch die tief stehende Sonne, das blinkende Warnlicht übersehen.

Quelle: Illertisser Zeitung

Die Eröffnung der Illertalbahn von Ulm bis Memmingen am 11. Oktober 1862


Der Morgen des 11. Oktober brach an. Ein dichter Nebel lag höchst charakteristisch auf dem Illertal. Die Neu-Ulmer Militärmusik rückt an und stellt sich auf dem Ulmer Bahnhof auf. Im Wartesaal zweiter Klasse sind die Tische gedeckt, werden doch hohe Gäste von München, Augsburg und Stuttgart erwartet. Schon stehen die Herren von Memmingen, Mitglieder des Magistrats mit Degen und Dreispitz, Mitglieder des Komitees mit Rosetten auf der Brust bereit, die Gäste zu empfangen. So etwa um 9 Uhr fangen die Ulmer und Neu-Ulmer, die eingeladen sind allmählich an, sich einzustellen…

….(es folgt die Aufzählung der Gäste, an deren Spitze Graf Wilhelm von Württemberg, der Regierungspräsident von Schwaben und Neuburg, Frh. Von Lerchenfeld, Generaldirektor der Verkehrsanstalten, von Brück usw).

Nach 10 Uhr packten die Neu-Ulmer, die indessen fleißig geblasen hatten ihre Noten zusammen. Die Frühstückstafel ward aufgehoben. Es war Zeit zum Aufbruch. 

Bis Neu-Ulm, an dessen freundlich geschmücktem Bahnhof das erste Mal gehalten wurde und weiter durch das Festungsthor bewegte sich der Zug auf den alten Ulm – Augsburger Geleisen. Draußen aber verläßt der neue Schienenweg die Straße und wendet sich in weitem Bogen der alten Memminger Straße zu. Dieser Bogen verlängert zwar den Weg außerordentlich, und ein grader Weg vom Neu-Ulmer Bahnhof durch ein Thor bei der Harmonie wäre für Ulm und Neu-Ulm eine außerordentliche Wohltat, aber ein solches darf nicht durchbrochen werden.


Der Nebel währte nicht lange. Noch ehe wir bei der Haltstation Senden anglangten, war es so weit hell geworden, daß man den Gurrenhof und den Freudenecker Hof erkannte. Das Stationshaus in Senden – noch wohnt wie bei fast allen Stationshäusern der Bahn in den öden Fensterhöhlen das Grauen – war festlich geschmückt und brachte den Reisenden Schwarz und weiß ein Willkommen. Auf einem Kartoffelacker zur Linken war Sendens Artillerie – zwei Böller – aufgestellt und begrüßte die Willkommengeheißenen. Vor dem Donner der Geschütze zerteilte sich vollends der Nebel. Wir fahren weiter. Dort rechts grüßt uns die Steinlesmühle, links sehen wir Wullenstetten, Illerberg. Die Lokomotive pfeift um uns anzumelden.

Wir sind in Vöhringen. Auch hier donnerten die Böller, Musik erscholl. Am unfertigen, doch festlich herausgeputzten Bahnhof standen die Vöhringer. Aussteigen, Grüßen und wieder Einsteigen, und Hurrah vorwärts! Die Bahn rückt immer näher an die Iller. Hören wir nicht schon wieder den Donner der Freudenböller? Dampfroß halt an, hier mußt Du ausschneufen, denn hier ist Illertissen. Auf dem Bahnhof war Jubel und Leben. Der Sängerkranz von Illertissen hatte Recht, wenn er das Lied anstimmte: Heil uns, die Gottheit ist gewogen! Es war ein schöner Anblick, die Volksmenge mit Fahnen und Standarten, der festlich geschmückte Bahnhof, der improvisierte Tannenweg nach dem nahen Ort und drüber der Berg mit dem ansehnlichen Schloß. Im Bahnhof selbst war ein Frühstückstisch aufgestellt, wo zu den vortrefflichen Leckerbissen das berühmte Illertissener Bier in bester Qualität floß. Die Pause ging nur zu schnell vorüber. Auf dem Dache des Bahnhofsgebäudes in Altenstadt war eine schwarz-rot-goldene Flagge aufgerichtet. Kellmünz, die nächste Station, bezeugt schon im Namen, wie uralt der Ort sei. Schon vor 1 900 Jahren erbauten die Römer hier als Illergrenzveste ein Kastell und nannten es in Erinnerung an einen Hügel, auf dem Rom erbaut war, Coelius mons, welches in Kölmons und Kellmünz sich verändert hat. Fellheim und Heimertingen sind die beiden letzten Stationen vor Memmingen. Auch auf ihren Bahnhöfen wiederhote sich der Jubel und das „Heil unserm König, Heil!“ und Böllersalven und Hurrah und was noch alles dazu gehört.


Das Thal hat sich indessen erweitert, wir nahen dem Ziel. Dort ist es, dort winken uns die Thürme und von den Thürmen die Fahnen entgegen. Memmingen!


Dort der Bahnhof! Alles was Füße hat, ist draußen! Alles was Odem hat, schreit: Hoch, Hoch! Wir sind am Ziel. In der offenen Halle des Bahnhofgebäudes, gegenüber dem prachtvollen Triumphbogen, der mit Fahnen und Willkommensgrüßen aufs reichste geschmückt ist, stellen sich die Gäste auf. Herr von Zoller, Memmingen’s Bürgermeister spricht Worte freundlicher Begrüßung, freudigen Dankes. Der Präsident von Schwaben und Neuburg, Freiherr von Lerchenfeld, erwidert den Gruß, wünscht der Stadt Glück zu dem Erfolg ihrer rühmlichen Ausdauer und übergibt am Schluß seiner Rede im Namen und Auftrag des Königs dem Bürgermeister für dessen Verdienste den Verdienstorden des hl. Michael. Die Musik spielt die Königshymne. Dann ergreift Generaldirektor von Brück mit weithin schallender Stimme das Wort und erklärt die Eisenbahnlinie Ulm-Memmingen für eröffnet.“ (Ulmer Schnellpost Nr. 240/241 und 242 vom 14., 15. Und 16. 10. 1862)

Aus: Chronik des Bahnhofes Neu-Ulm 1853 – 1953, E. A. Holzhauser, 1980

Schrankenposten

Früher gab es an allen Bahnübergängen Schrankenposten. Viele der Bahnwärterhäuser sind heute nicht mehr erhalten.


Schrankenposten 29 im Winter, Blick Richtung Vöhringen

(Datum unbekannt)

Sanierung des Bahnhofs 1999

Schrankenposten 29 zwischen Vöhringen und Bellenberg, Bahnwärter mit Familie (1925)


Maler: Hermann Schernthaner, Vöhringen

Fotos: Dieter Kühlinger, Illertissen


Tafel 11:

Bellenberg und die Bahn